LinkListen_Sommeressen und etwas Gedöns

Die ersten Wochen des Sommers waren geprägt von rosaroten Wolken. Mit Erdbeergeschmack. Ich habe meine zwischenzeitlich vergessene Leidenschaft für altmodische Windbeutel wiederentdeckt. Und jede Erdbeere, die ich fassen konnte, wurde in dieser Saison geviertelt und verschwand sofort in einer rosaroten Wolke aus Erdbeermus, Himbeermarmelade (passt besser als die naheliegende Erdbeermarmelade), Magerquark, Zitronensaft, Puderzucker und etwas Sahne – alles geklemmt zwischen zwei Teilen Brandteig (nach eigener Präferenz – ich mache den Brandteig nach Philippe Conticini). Sensationell einfach, sensationell gut.
Das klappt sicherlich auch mit den aktuell dunklen Beeren, wobei für mich der Geschmack von sonnenwarmen Erdbeeren einfach unerreicht bleibt.

Überhaupt habe ich in meinen Hirnwindungen längst vergessen geglaubte Klassiker wiederentdeckt. Salade Niçoise zum Beispiel. Nach über zehn Jahren oder länger. Und beim Anrichten ist es mir wieder eingefallen, warum ich so lange gebraucht habe, um diesen (eigentlich köstlich schmeckenden) Salat auf den Tisch zu bringen. Es ist die Optik. Abstrakt durchgemischt wirkt der Salat wie soeben vom Boden aufgewischt, doch jeglicher Versuch einer Akkuratesse verursacht eine unfreiwillige Zeitreise in die Fünfziger zu Mettigel & Co. Die Lösung: alles auf einer riesigen Platte zur Selbstbedienung bereitstellen. Dazu confierter Thunfisch am Stück. Den Fisch roh als Sashimi habe ich auch ausprobiert, doch der gegarte Fisch, wie ursprünglich von den schlauen Franzosen gedacht, ist eindeutig der Gewinner. Ansonsten gehöre ich zur Fraktion „Bohnen-und-Kartoffel“. Doch ich werde demnächst die Pellkartoffeln mit dicken, handgeschnitzten Kartoffelchips ersetzen, wie hier. Und vielleicht die Bohnen vorab in diesem Knoblauchdressing schwenken.

Ein weiterer (koreanischer) Klassiker: auf einer dicken Meersalzkruste gegarte ganze Garnelen (Edelstahlpfanne, grobes Meersalz mindestens 1cm dick auslegen, erhitzen, ungeschälte rohe Garnelen ohne Fett auflegen und garen).
Nur Meersalz und Garnele, sonst nichts. Hier fehlt mir noch nicht mal der Pfeffer, wo ich doch sonst ohne Pfeffermühle am Tisch leicht panisch reagiere. Das Fleisch bleibt saftig und erhält gleichzeitig die perfekte Würze. Übrigens, eine Meersalzplatte für die Grillversion habe ich zufällig hier entdeckt (btw, ich habe mit der Firma nichts am Hut). Muss ich noch ausprobieren, zumal sich dieses Gericht nicht nur für Al fresco dining, sondern auch für Al fresco cooking eignet. Ich empfehle sogar ausdrücklich, das Kochen nach draußen zu verlegen, sonst könnte der Rauchmelder Alarm schlagen.

Yi yeol chi yeol (이열치열) – Feuer bekämpft man mit Feuer, sagt eine alte Weisheit. Samgyetang, eine heiße Ginseng-Hühnersuppe, ist in Korea der Sommerklassiker gegen die große Sommerhitze. Wobei mit Feuer nicht die Temperatur der Suppe, sondern die Hitze erzeugenden Zutaten Hühnchen, Ginseng und Knoblauch gemeint sind. Die angeblich beste Samgyetang-Suppe Seouls erhält man im Tosokchon, westlich des Gyeongbokgung Palastes gelegen (unweit des Tongin-Marktes). Alle Zutaten sind regional und für die Suppe werden exakt 49 Tage junge Hühnchen mit Ginsengwurzel, Klebreis, Gingko, Jujube und Knoblauch gefüllt und in einer Brühe aus insgesamt 30 verschiedenen Heilkräutern gekocht. Das fertig gekochte Hühnchen wird getoppt mit Lauchzwiebeln, schwarzem Sesam, Pinienkernen und Sonnenblumenkernen. Die Brühe ist, anders als viele andere Samgyetangs, milchig trüb. Vorneweg wird immer ein Gläschen hausgemachter Ginsengschnaps serviert, den man sofort trinken oder später erst in die Suppe mischen kann, um den Ginsenggeschmack zu erhöhen. Wegen der stets langen Warteschlangen unbedingt die Stoßzeiten meiden.

Wer nicht nach traditioneller Art auf dem Boden sitzen kann, wie im Tosokchon erforderlich, sollte das Goryeo Samgyetang (Korea Samgyetang) in der Nähe des Seouler Rathauses aufsuchen. Dort kann man ebenfalls wählen zwischen „normalem“ Samgyetang und Ogolgye, eine schwarze Hühnerrasse, die früher nur dem Palast vorbehalten war – und es gibt Sitzbänke!

Wie essen: Zunächst in einem separaten Schälchen mit den Stäbchen das Fleisch von den Knochen lösen. Das gezupfte Fleisch in wenig Meersalz und Pfeffer dippen und aufessen. Zwischendurch an der Ginsengwurzel knabbern. Zum Schluss die Reisfüllung mit der Brühe vermengen, mit Meersalz individuell nachwürzen und unbedingt jeden Bissen mit Kkakdugi (gewürfeltes Rettich-Kimchi) krönen. Es wird zwar auch Chinakohl-Kimchi serviert, aber Kkakdugi und Samgyetang sind füreinander bestimmt wie Erdnussbutter und Marmelade oder Rührei und Speck usw.

Und ich habe in einem plötzlichen Anfall einer akuten Pro­kras­ti­na­ti­on aufgeräumt. Genauer – aussortiert und gefaltet nach der KonMari-Methode. Ich war zwar ohnehin noch nie der Typ, der Sachen hortet. Bis auf Bücher und Musik hänge ich nicht sonderlich an Dingen. Und in Ausmisten, Ballast abwerfen und sortieren bin ich regelrecht geübt. Doch eine quasi professionelle Anleitung von Marie Kondo zu haben, erleichtert trotzdem nochmal vieles. Hier ist übrigens eine sehr gute Beschreibung der KonMari-Methode.

Insgeheim hatte ich immer mal geplant, einen Beitrag wie „Alles-was-ein-Kleiderschrank-braucht-und-nicht braucht“ oder „Wie-baue-ich-eine-Garderobe-auf“ zu verfassen. Doch sobald ich mich dafür an den Rechner setze, langweilt es mich bereits zu Tode. Ich verstehe zu gut, warum kaum professionelle Köche einen klassischen Foodblog mit Rezepten betreiben. Dies nur am Rande.
Was ich eigentlich loswerden wollte: Manchmal können andere die eigenen unsortierten Gedanken tausendmal besser festhalten. Daher möchte ich nochmal auf Vics Blog und ihre Ratschläge zu „wardrobe building“ verweisen. Decluttering und Downsizing sind zwecklos, wenn man sich nach kürzester Zeit wieder mit (unnötigen) Sachen überfrachtet. Daher schnell noch hinterher: The full guide to shopping smarter.

So, was passt besser zum Aufräumen als ein gepflegtes Mashup… Zwei ziemlich alte Lieder einmal kräftig umgerührt.